. .

Reinfried: "Programmierte Sieger gibt es nicht"

Reinfried: "Programmierte Sieger gibt es nicht"
22.02.2010

Der Countdown läuft: Am Samstag kämpfen die ÖSV-Herren, angeführt vom vierfachen Weltcup-Saisonsieger Reinfried Herbst, um Medaillen im Olympiaslalom - den wohl krönenden Abschluss der alpinen Skibewerbe in Whistler. Favoriten gibt es viele.

Bei Olympia gibt es keinen logischen Sieger", sagt Herbst, der sich in den vergangenen Tagen im sonnigen Malibu "fernab des Trubels" vorbereitete und in seiner Freizeit auf der Harley durch Hollywood ("Das hat mir gutgetan") kurvte. Im Interview mit ORF.at sprach der 32-jährige Salzburger über diese besondere Vorbereitung, ?Nervosität und seine private Goldmedaille. Er erklärte aber auch, warum er sich mit seinen Zielen "nicht zu weit aus dem Fenster lehnen" will - "es gibt keine programmierten Sieger".

ORF.at: Herr Herbst, wie haben Sie die vergangenen Tage verbracht?
Reinfried: Nach Kranjska Gora habe ich ein paar schneefreie Tage eingelegt, am Ergometer und in der Kraftkammer trainiert. Vier Tage nach dem Europacup-Sieg in Oberjoch (12. Februar) flog ich dann nach Kalifornien, um mich in derselben Zeitzone wie Whistler auf die Olympischen Spiele und fernab des Trubels vorbereiten zu können.

ORF.at: Sonnenbaden statt Training?
Reinfried: Ganz im Gegenteil. In Malibu trainierte ich täglich und viel, sehr viel sogar, nur meine Freizeit verbrachte ich vor allem mit Harley-Fahren. Auf der Maschine durch Hollywood, das war geil, auch der NBA-Schlager Lakers gegen Boston war ein tolles Erlebnis. Erst am Sonntag flog ich nach Sun Peaks weiter, wo ich bis 25. Februar trainiere. Danach geht"s für mich in den Olympiaort Whistler.

ORF.at: Spüren Sie mehr Nervosität als im Weltcup?
Reinfried: Nein, absolut nicht. In den letzten Jahren habe ich gelernt, dass jedes Rennen bei null beginnt, auch für mich - ganz egal, ob es sich dabei um ein Europacup-, Weltcup-, WM- oder Olympiarennen handelt. Am 27. Februar muss deshalb einfach alles zusammenpassen.

ORF.at: Und doch sind Sie froh, wenn es endlich losgeht?
Reinfried: Selbstverständlich. Auf den Slalom freue ich mich schon riesig, zuvor bin ich aber schon im Training auf die Schneeverhältnisse dort drüben gespannt. Die Pistenbedingungen sollen ja, wie ich hörte, nicht ideal sein. Vor allem sehr weich.

ORF.at: Welche Bedingungen würden Sie sich wünschen?
Reinfried: Schwer zu sagen. Ich habe schon Weltcup-Rrennen auf weichem Schnee und flachen Hängen wie in Shigakogen, Bormio und Kranjska Gora gewonnen. Trotzdem bin ich ein Fahrer, der eisige, steile Pisten wie in Schladming oder Kitzbühel liebt. Die werden wir in Whistler wahrscheinlich nicht vorfinden.

ORF.at: Mit welcher Einstellung gehen Sie in den Slalom?
Reinfried: Dass Gold trotz Weltcup-Dominanz nicht ausgemacht ist, ein Olympiasieg kann vielmehr nie eine logische Sache sein. Wie ich schon sagte: Jedes Rennen beginnt bei null. Gerade im Slalom gibt es keine programmierten Sieger, weil es zehn Läufer gibt, die Gold gewinnen können.

ORF.at: Nach Silber in Turin wäre Gold in Whistler der nächste Schritt?
Reinfried: Die Leute erwarten das von mir, ich lasse mir aber ganz sicher keinen Druck machen. Denn die Silbermedaille hab" ich schon in der Tasche - und gerade deshalb weiß ich, wie schwer es ist, von Olympischen Spielen mit einer Medaille nach Hause zu fahren, egal welche Farbe sie hat.

ORF.at: Und wenn Sie leer ausgehen?
Reinfried (lacht): Meine private Goldmedaille wartet auf mich in Salzburg. Wenn ich nach Hause komme, erwartet meine Freundin unser zweites Kind. Da geht nichts drüber. Und bei ihr läuft alles nach Plan, ebenso wie bei mir auch.

ORF.at: Ihre Saisonbilanz fällt also schon jetzt positiv aus.
Reinfried: Das ist wohl klar. Ich bin in dieser Saison bei bisher elf Weltcup- und Europacup-Rennen sechsmal ganz oben gestanden und zudem Führender im Slalomweltcup. Darauf bin ich sehr stolz, das kann sich schon sehen lassen.

ORF.at: Wie lautet dann Ihr konkretes Olympiaziel?
Reinfried: Natürlich bin ich in Vancouver, um eine Medaille zu gewinnen. Sonst brauchte ich erst gar nicht hinzufahren. Welche Platzierung es im Endeffekt wird, hängt von vielen Faktoren ab: von den Schneebedingungen, der Verfassung am Renntag usw. Da lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster.

ORF.at: Werden Sie auch in Whistler auf Ihren Fanclub bauen können?
Reinfried: Ein paar kommen sicher. Der richtige Ramba-Zamba mit Vidi-Wall geht aber in Unken ab. Der Hauptplatz soll in Gelb erstrahlen. Für Verköstigung ist auch gesorgt, und die 4 Salzburger werden mit Harry Prünster gehörig einheizen. Mein Fanclub hat wieder tolle Arbeit geleistet.

Das Gespräch führte Michael Fruhmann, ORF.at

Weitere Infos unter: