Am Samstag wird eines der erstaunlichsten Comebacks im alpinen Ski-rennsport perfekt: Reinfried Herbst startet – nur sechs Monate nach einem Kreuzbandriss – sein Comeback in Kitzbühel. Zuvor erzählte er alles über seinen Weg zurück, seine Ziele und sein Umfeld. Es war eine absolute Hoch-Phase im Leben des Reinfried Herbst. Er war – sportlich gesehen – ganz unten, bereitete sich auf die Saison 2005/06 in Eigenregie vor, schaffte den Sprung ins österreichische Slalom-Team, kämpfte sich in die erste Gruppe, fuhr in Kitzbühel auf Platz zwei, fuhr in Turin zu einer Medaille und feierte nur zwei Weltcup-Rennen später in Shigakogen seinen ersten Sieg. Doch dann kam plötzlich der Filmriss: Bei einem Benefiz-Fußballspiel drehte er nach einem Treffer jubelnd ab, blieb hängen – und riss sich das Kreuzband. Dem Tiefschlag folgte aber ein sensationell schneller Aufbau, der am Samstag mit dem Comeback im Weltcup gekrönt werden soll.
Die Worte sprudeln nur so aus Reinfried Herbst heraus. 20 Minuten erklärte er in Kitzbühel seinen Weg zurück. In Kürze zusammengefasst: „Es ging eigentlich immer nur bergauf. Ich hatte Vertrauen in mein Umfeld, mein Umfeld arbeitete perfekt zusammen und ist immer zu mir gestanden. Egal ob mein Arzt Dr. Fink, meine Trainer in Rif, mein Skitrainer Dietmar Thöni, meine Skifirma Blizzard und Rennchef Dieter Bartsch: Alles hat perfekt geklappt.“
Rasche Fortschritte
Die Fortschritte waren dank konsequenter Arbeit (Bartsch: „Er hat wirklich sensationell gearbeitet!“) so groß, dass der Unkener schon nach fünf Monaten den Schritt wagte und in Mutters erstmals wieder auf die Ski stieg. „Vorher haben wir noch einige Übungen gemacht, die wirklich Mut erfordert haben, wo ich an meine Grenzen gehen musste, das Vertrauen aufbaute, das Knie wieder voll belasten zu können.“ Und dann die nächste Überraschung für den 28-Jährigen: „Ich war davor insgesamt acht Monate nicht auf Skiern gestanden. Früher hatte ich oft schon nach einem Monat das Gefühl, dass ich von vorne anfangen müsste. Diesmal nicht – es hat alles perfekt geklappt.“
So schnell, dass er mit Dietmar Thöni auch schon bald anfing, zwischen den Toren zu Kurven. Allerdings achtete Herbst streng darauf, nicht zu überdrehen, legte Pausen ein, fuhr drei Tage Ski und machte vier Tage Pause. „Am Anfang war es schlimm, Dietmar hat sogar einmal gesagt, dass ich auf einmal zwei Stockeinsätze mache. Aber es ist schnell gut gegangen, ich bin auch schnell wieder sehr nah an die Stangen gefahren.“
Letzter Test und Bestätigung
Der letzte Test folgte dann vergangene Woche mit der Mannschaft – und Herbst war schnell: „Für mich ist etwa Manfred Pranger ein Maßstab – und mit ihm habe ich mithalten können, war sogar einmal schneller.“ Dazu kommt, dass Herbst den Verletztenstatus der FIS kritisiert: „Steigt man im Winter ein und fährt mehr als ein Rennen, dann ist man nur benachteiligt. Das kann es nicht sein. Also habe ich beschlossen, auf den Status zu sch... Ich steige wieder voll ein. Das ist mir lieber, als die Rennen im TV zu sehen.“
Die Ziele für Herbst scheinen hochgesteckt: „Wenn ich meine Trainingsleistung abrufen kann, dann ist vielleicht ein Platz in den Top 15 drinnen.“ Und damit, wenn er diese Resultate im zweiten Kitz-Slalom und in Schladming bestätigt, wäre sogar noch das WM-Ticket in Reichweite – und bis dorthin weitere drei Wochen Zeit. „Ausgehen sollte es sich“, schmunzelt Herbst.
Keine Bedenken wegen dem Knie
Bedenken, dass das Knie nicht hält, hat Herbst keine: „Wenn ich die hätte, könnte ich sofort einpacken.“ Als letzte Bestätigung machte er auch Druckerverteilungstest mit ÖSV-Techniker Markus Sparber. Die zeigten, dass Herbst sein Gefühl nicht betrog: Er belastete beide Beine gleichmäßig. So gut ist das Gefühl, dass Herbst für den Start sogar auf eine weitere Unbekannte setzt: „Ich hatte kaum Zeit zum Testen. Aber mein Servicemann hat am Freitag einen komplett neuen Ski aus dem Köcher gezogen. Und auch, wenn er noch nie im Einsatz war: Ich werde damit fahren!“ Ein Ski, der laut Dieter Bartsch bereits nach dem Reglement der kommenden Saison gebaut wurde – breiter und mit tieferem Stand. Aber der so gut sein soll, dass auch der Japaner Akira Sasaki dem neuen Modell schon in Kitz vertraut.
Story: Michael Schuen/Sportnet