Reinfried Herbst, Silbermedaillengewinner im Olympiaslalom 2006, plant in der kommenden Saison den nächsten Coup. Im Interview mit ORF.at spricht der 29-Jährige über seine Vorbereitungen, die Ziele, den Weltcup und die WM 2009 in Val d"Isere.
Wie laufen die Vorbereitungen auf die Saison?
Reinfried: Für uns Slalomfahrer nahezu perfekt. Bis Juli intensivierten wir das für diese Zeit übliche Konditionstraining. Erst danach gingen wir zwei Tage in die Skihalle (im niederländischen Landgraaf, Anm.). Das waren wertvolle Einheiten und ein passender Vorgeschmack auf die Trainingskurse am Gletscher. Das Skifahren kam uns dort nicht annähernd so fremd vor wie in der Vergangenheit oft der Fall.
Was sind die Vorteile des Hallentrainings?
Reinfried: Die Bedingungen sind wie geschaffen zum Testen des Materials, zum Anpassen der Schuhe. Man fährt, probiert, geht wieder raus und schleift nach, wenn der Schuh nicht passt. Ganz einfach und weit weniger mühsam als am Berg. In Zermatt konnten wir uns im Juli und im August (jeweils zehn Tage, Anm.) top adjustiert auf das Training konzentrieren.
Inwiefern hat sich das Material verändert?
Reinfried: Eine großartige Veränderung wäre mir nicht aufgefallen, zumindest keine gravierende. Schuhe und Ski entwickeln sich natürlich weiter, man tüftelt und entdeckt dabei Einstellungen, die einem besser liegen oder den Schwung noch schneller machen. Sportler wie Material bewegen sich kontinuierlich voran.
Wo stehen Sie im Vergleich zum Vorjahr?
Reinfried: Körperlich bin ich bereits in Topverfassung. Ich fühle mich pudelwohl. Durch das verstärkte Lauftraining habe ich das eine oder andere Kilo sogar weniger. Dadurch bin ich spritziger. Gleichzeitig verbesserte ich mich in der Maximalkraft. Dass die Vorbereitung nach Plan, ohne Probleme und Zwischenfälle vonstatten ging, ist für mich eine ungewohnte Situation.
Wie geht es bis zum Slalom-Saisonauftakt weiter?
Reinfried: Schlag auf Schlag. In ein paar Wochen ist Sölden lange vorbei und Levi nicht mehr weit. Ich hoffe, dass die Vorbereitung reibungslos bleibt. So oder so haben wir in den Herbst hinein keinen Stress mehr, gute Tage hinter uns und ausreichend Material getestet, um nicht nervös werden zu müssen. Von mir aus könnte die Saison schon jetzt losgehen.
Wie lauten Ihre Ziele?
Reinfried: Ich will dort anknüpfen, wo ich aufgehört habe, mich aber neu positionieren. Mein größtes Ziel ist und bleibt die kleine Kristallkugel, weil nur der Fahrer sie bekommt, der über die Saison hindurch konstante Leistungen erbringt. Im vergangenen Winter war ich knapp dran. Obwohl ich mit Problemen in die Saison gestartet war, wurde ich am Ende noch Dritter und bewies damit, wozu ich fähig bin.
Welche Rolle spielt die WM in Ihren Plänen?
Reinfried: Bei einer WM muss eine Medaille immer das Ziel sein. Doch bis Val d"Isere ist der Weg weit. Vorerst bin ich froh, dass es mir so gut geht, die Vorbereitung nach Plan läuft und ich gesund bin. Ich nehme es, wie es kommt, denn ich muss niemandem mehr etwas beweisen. Also lasse ich mich auch nicht unter Druck setzen (lacht).
Was spricht für Ihren ersten WM-Titel?
Reinfried: Dass ich aufgrund meines Alters die gewisse Erfahrung mitbringe, die bei einer WM von Vorteil ist. Und körperlich bin ich wieder so weit, dass ich mir während der gesamten Saison gute Leistungen zutraue. Mit dem Erfolg kommt das Glück. Die richtige Welle möchte ich diesmal bald erwischen. Dann bin ich für den WM-Titel bereit.
Weltmeister oder Weltcup-Sieger, welchen Titel hätten Sie lieber?
Reinfried: Am besten beide. Der WM-Titel ist natürlich eine besondere Sache. Sportlich wertvoller ist die Kristallkugel, weil sie eine Bilanz nach elf Rennen ist. Als Weltcup-Sieger bin ich der Beste, was der Weltmeister nicht immer sein muss, weil die WM eine Momentaufnahme ist.
Warum lief es im Vorjahr erst in der zweiten Saisonhälfte nach Plan?
Reinfried: Ich konnte mein Potenzial einfach nicht umsetzen. Allerdings (lacht) habe ich ein Geheimrezept, das ich zwar schon im Vorjahr hatte, diesmal aber früher anwenden werde. Das greift, betrifft das Material und macht einen großen Unterschied. Speziell bei mir. Ich habe also einen konkreten Plan. Wenn der aufgeht, dann raschelt es im Gebälk. So könnte ich auch Weltmeister werden.
Ist der Riesentorlauf in dieser Saison ein Thema?
Reinfried: Ich hoffe schon in Sölden auf meine Chance. Dafür habe ich viel trainiert. Der Riesentorlauf ist ein Ziel, das ich konkret verfolge. Ich weiß, dass auch in dieser Disziplin viel möglich ist, sofern ich die Qualifikation schaffe. Im Vorjahr hielt mein Knie der zusätzlichen Belastung noch nicht stand. Nun bin ich auf einem guten Weg, wie die Trainingsleistungen bestätigten.
Das Interview führte Michael Fruhmann, ORF.at