Ab wann der Kopf nicht mehr der Chef ist und warum Reinfried Herbst trotzdem ohne Mentalcoach am besten fährt. Außerdem: Wie der Österreicher mit nur 13 Trainingstagen in Levi punkten will – darüber spricht er im Interview mit seinem Ausstatter Fischer.Aufgrund deiner Schulterprobleme und einer Operation im Sommer am Knie hast du einigen Trainingsrückstand. Wie geht es dir?Grundsätzlich waren es nicht sehr viele Trainingstage, die ich hatte. Aber sie verliefen sehr gut und waren hochwertig. Ich habe wirklich vernünftig und ordentlich trainiert. Es gibt auch einige Vorteile für mich dank meines Umstieges auf das neue Material: In den flachen Bereichen bin ich konkurrenzfähiger. In schwierigen Situationen merke ich jedoch noch meinen Trainingsrückstand.
Was sind „schwierige Situationen“ für dich?Wenn die Verhältnisse ungleichmäßig sind. Da bricht die Piste, dort sind Löcher. Es wird also unkontrollierbar für mich und dann ist der Kopf nicht mehr der Chef. Natürlich spielt es eine Rolle, wenn du dich mal bei schlechten Bedingungen verletzt hast. Aber wenn ich weiß, was auf mich zukommt, bin ich ein richtiger Riskierer.
Als Vorbereitung auf Levi hast du einige Skitage auf der Reiteralm absolviert. Wie war’s?Wir hatten am Sonntag und am Dienstag super Verhältnisse. Die Trainer haben alles gegeben und damit ein hervorragendes Training ermöglicht. Am Montag machte ich aufgrund des Schlechtwetters eine Pause um Kondition zu tanken und regenerative Maßnahmen in Rif zu setzen. Am Donnerstag geht’s dann ab nach Levi, worauf ich mich schon richtig freue!
Wie viele Skitage hattest du in der Vorbereitung?Es waren 13 Tage in den Toren, die wir allesamt auf Österreichs Gletschern absolvierten.
Wie fühlst du dich körperlich? Ist alles in Ordnung?Du beginnst irgendwann, dich deinem Körper und seinen Wehwehchen anzupassen und damit zu leben. So gesehen geht es mir also gut. Auf die Schulter muss ich Acht geben und das Knie spüre ich nach dem Training schon. Aber das geht bis zum Training am folgenden Tag wieder weg. Daher ist es so wichtig für mich, auf qualitativ hochwertiges Training zu setzen.
Brauchst du auch deine tägliche Physiotherapie?Ja, ich bin täglich beim Physiotherapeuten. Aber nicht ausschließlich wegen meiner Verletzungen, sondern in erster Linie, um den Tonus abzubauen. Für mich dienen diese zwei Stunden am Tag also mehr der Vorbeugung. Ich verwende darauf dieselbe Zeit wie für das Skitraining.
Körperlich machst du alles, was in deiner Macht steht – Wie sieht es mit Mentaltraining aus, wie hältst du dich im Kopf fit?Ich schöpfe Selbstvertrauen aus guten Trainings. Alles was ich mache, mache ich zu 100 %. Mein gesamtes Leben ist dem Skisport untergeordnet. Die Ernährung, Skitechnik, Konditionstraining, Koordination und vieles mehr. So brauche ich kein explizites Mentaltraining.
Mit 9 Weltcup Siegen, 16 Podestplätzen und einer Silbernen bei Olympia gehörst du zu den ganz Großen im Skisport. Was kann den Top-Sportler Reinfried Herbst überhaupt noch aus der Fassung bringen?Wenn ich alles gebe und mein Umfeld nicht am selben Strang zieht und nicht hinter mir steht. Die Professionalität wie ich sie diesen Sommer nach meinem Markenwechsel im Fischer-Team erfahren durfte, die hat mir bisher gefehlt.
Was kann dich andererseits beflügeln?Genau dieses Gefühl das mir von meinem neuen Ausrüster jetzt gegeben wird: absoluter Rückhalt im Team. Ich nehme gerne Kritik auf, analysiere sie und setze sie auch entsprechend um. Ich bin sehr froh, man kann sich bei Fischer mit den Leuten fachlich sehr gut unterhalten und arbeiten. Was natürlich eine ganz entscheidende Sache ist: Meine Familie.
Abschließend natürlich die Frage zum kommenden Wochenende: Welches Ziel setzt du dir für Levi?Ich muss realistisch bleiben. Auch wenn ich trotz minimalem Trainings positiv gestimmt bin. Mit einem Top-15 Ergebnis bin ich zufrieden. Jegliche bessere Platzierung freut mich natürlich!